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Graben und zeugen

In einer Erbengemeinschaft wachsen wir alle auf. Unter Aufsicht lernen wir schnell uns zu orientieren. Normen und Werte zu akzeptieren, zu konzedieren oder uns bei Strafe zu verweigern. Die Gemeinschaft organisiert den Transfer von Wissen und wir die Dynamik der Aneignung. Als Konnektiv, verpflichtet sich die Wissenschaft, die deutende Aneignung der Vergangenheit nach Prozeduren methodisch geregelter Forschung zu werten und als der Allgemeinheit dienenden Sinnbilder zu verwalten. Die mit künstlerischen Mitteln agierende Dokumentararchäologie widerspricht nicht unbedingt dieser Intersubjektivität, stellt sich aber einer ausgetretenen Denkhörigkeit blinder Wissenschaftlichkeit in den Weg, um neue bzw. alternative Denk Wege zu provozieren. Vor allem steht das künstlerische argumentieren der Dokumentararchäologie für die Überwindung einer ethnozentrischen Denkweise, was wohl der eigentlich schwierigere Part der Arbeitsweise eines stigmatisierten Ichs, dem kleinsten Rad der Geschichte sein dürfte.
Zudem sind meine Erfahrungen als Dokumentararchäologe geprägt von einer Geschichtsdidaktik propagierter Schulbuchhistoriographie. Kritische Reflexionen zum Eigensinn der Weltaneignung wurden Jahrzehnte von einem missverständlichen Realismus torpediert. Ein schwieriges Erbe. Wobei kritisches Denken als hermeneutischer Selbstversuch am Klumpen erzwungener Doktrin kleben blieb und ich mich erst in Jahren unbekümmerter Ideenfolgen von dieser Didaktik lösen konnte.
Unabhängig dieses Eigensinns, stellt sich die Dokumentararchäologie die Frage: in welcher Weise sich die historische Wissensproduktion und durch die Wissenschaft geleistete Erzeugung kultureller Kompetenzen in den nachwachsenden Generationen disponiert werden kann? Reicht es; Informations- und Aufklärungsbedarf als kritische Reflexion zur Wissenschaftlichkeit mit den Mitteln der Kunst dienstleistend zu ergänzen und eine künstlerische Forschung, wozu ich die Dokumentararchäologie zähle, an den Universitäten und Hochschulen zu etablieren um den akademischen Diskurs zu entkrampfen und zu entideologisieren? Damit müsste aber auch geklärt werden: ist die Dokumentararchäologie ein Medium der Wissenschaft oder bleibt sie trotz akademischer Würden „freie“ K U N S T?


Dokumentararchäologie ein „Ausgraben und Erinnern“?

Ein für mich interessanter Ansatz zur Arbeitsweise des Dokumentararchäologen ist das mit „nostalgischem Schmelz“ überzogene Denkbild des Kulturkritiker Herr Walter Benjamins zum „Ausgraben und Erinnern“. 1932 vermerkt er:
„Die Sprache hat es unmißverständlich bedeutet, daß das Gedächtnis nicht ein Instrument für die Erkundung des Vergangnen ist, vielmehr das Medium. Es ist das Medium des Erlebten wie das Erdreich das Medium ist, in dem die alten Städte verschüttet liegen. Wer sich der eignen verschütteten Vergangenheit zu nähern trachtet, muß sich verhalten wie ein Mann, der gräbt. Vor allem darf er sich nicht scheuen, immer wieder auf einen und denselben Sachverhalt zurückzukommen – ihn auszustreuen wie man Erde ausstreut, ihn umzuwühlen, wie man Erdreich umwühlt. Denn »Sachverhalte« sind nicht mehr als Schichten, die erst der sorgsamsten Durchforschung das ausliefern, um dessentwillen sich die Grabung lohnt. Die Bilder nämlich, welche, losgebrochen aus allen früheren Zusammenhängen, als Kostbarkeiten in den nüchternen Gemächern unserer späten Einsicht – wie Torsi in der Galerie des Sammlers – stehen. Und gewiß ist’s nützlich, bei Grabungen nach Plänen vorzugehen. Doch ebenso ist unerläßlich der behutsame, tastende Spatenstich in’s dunkle Erdreich. Und der betrügt sich selber um das Beste, der nur das Inventar der Funde macht und nicht im heutigen Boden Ort und Stelle bezeichnen kann, an denen er das Alte aufbewahrt. So müssen wahrhafte Erinnerungen viel weniger berichtend verfahren als genau den Ort bezeichnen, an dem der Forscher ihrer habhaft wurde. Im strengsten Sinne episch und rhapsodisch muß daher wirkliche Erinnerung ein Bild zugleich von dem der sich erinnert geben, wie ein guter archäologischer Bericht nicht nur die Schichten angeben muß, aus denen seine Fundobjekte stammen, sondern jene andern vor allem, welche vorher zu durchstoßen waren.”
Die klärende Analyse zum veritablen Begriff der Archäologie im Werk von Herrn B., wird von seinen Kennern als „nicht eben begeisternd“ und „spärlich“ beschrieben. Dennoch erfasst er prägnant nach welcher Methode Archäologen graben sollten. Ausgraben heißt demnach nicht nur Gegenstände ans Licht zu bringen, sondern sich auch auf Erinnerungen und Einfühlungen an Ort und Zeit zu beziehen. Archive sind bei B. auch nicht Sammelstellen von Objekten, nein es sollte auch der Ort beschrieben werden, „an dem der Forscher ihrer habhaft wurde. Im strengsten Sinne episch und rhapsodisch muß daher wirkliche Erinnerung ein Bild zugleich von dem der sich erinnert geben“. Hier erweitert Herr B. den Horizont der Archäologie erheblich. Lässt Bilder sprechen, die den Archäologen zum Philosophen transformieren lässt. Ein Umstand, den die Wissenschaft als Arbeitsmethode kaum zulassen kann, will sie doch klare Position beziehen und nicht das persönliche der Weltsicht ihrer Forscher in „gleitender Schwebe“ erfasst wissen. Hier ist Disziplin gefragt und keine Grabungen in die Untiefen der Seele.
An diesem Denkbild ist interessant, dass Herr B. nicht nur die Städte die verschüttet liegen an „die Wissenschaft des Spatens“ übergeben werden sollten, sondern Konsequent das umgebende Erdreich als Medium der Geschichte zur Forschung „frei gegeben“ werden muss. Für B. als Denker ist demnach Wissen vom Erdreich gespeichert, offenbart sich nicht allein in den Objekten – ist „rettendes Medium“ wenn die Artefakte schweigen.
Für mich als Dokumentararchäologe sind die Forderungen des Herrn B, „Erdstiche als Sondierungsmethode“ zu nutzen, gute Beispiele einer Wissensextraktion. Seine Idee von der stratigraphischen Rekonstruktion unserer Geschichte, eignet sich hervorragend als Methode der Dokumentararchäologie. Nur zieht diese nicht mit dem Spaten ins Feld, vielmehr „erspürt“ und „seziert“ sie den „Auswuchs“ des Wissens in den untersten Schichten von Archiven und Sammlungen. Ein Dokumentararchäologe „gräbt“ daher nicht im Zentrum der Fundstellen, vielmehr ist er auf der Suche am Rand der Ereignisse nach entglittenen Fakten, Nachlasssplitter und „verwahrlosten“ Detail.

archè, „die Behörde“ Lagerung entaktualisiertem, nicht mehr für den Dienstgebrauch bestimmtes Behördenschriftgut

Kartographierung von Unebenheiten, nur zeigen oder auch beweisen?

Unterliegt die Dokumentararchäologie als eigene Methode der Spurensicherung, ebenso wie die Wissenschaft, dem Gesetz des „Aufweisens“ von Beweisen? Die Frage, ob das Zeigen als bloße Veröffentlichung der Ergebnisse einer künstlerischen Forschung ausreichend als Hypothese verifiziert ist oder als Erweiterung der Beweisführung „juristisch“ begleitet werden muss, versuchte Ende der 70er Jahre Carlo Ginzburg zu klären. Sein Aufsatz über die „Spurensicherung. Die Wurzeln eines Indizien-Paradigmas“ setzte sich mit den historiographischen Methoden der Kunstgeschichte auseinander. Er verwies auf das Problem der Belege. Oft genug schrieb und formte der Wissenschaftler nur ab, ohne die Wissenschaftlichkeit der Fakten in den Dokumenten und Bildern zu überprüfen. Das sei „eine Wissenschaftlichkeit, die nur aufweist, nicht aber beweist“. So bliebe, schreibt er weiter, die Bestätigung der Hypothese aus. Trotz schön präsentierter Bilder und Modelle.
Die Argumentationskette riss also an entscheidender Stelle. Gezeigt wurden nur Sachverhalte keine Indizien. Herr G. bemerkte hier das Trennende zwischen Oberfläche und Tiefe im Resultat der Recherche. Auch sprach er von zu viel ideologischem Einfluss im Wissenschaftsbetrieb. Eine wirkliche Gefahr im Prozess der Beweisfindung und Indizienrezeption. „Es ist immer noch Notwendig“, schrieb Herr G, fünfundzwanzig Jahre nach Formulierung seines Indizienparadigmas, „von scheinbar marginalen Details auszugehen, um das allgemeine einer Realität, die durch die Nebel der Ideologie verdunkelt werden zu erfassen“. (…) „Historiker verwechseln die Dokumentation, die sie kennen, allzu oft mit der verfügbaren Dokumentation, die verfügbare Dokumentation mit der Dokumentation, die produziert wurde, und diese letztere mit der gesellschaftlichen Realität, die sie hervorgebracht hat.“ „Vielleicht“, so resümiert er, dass Historiker, also Zeitversteher, und meint dabei besonders die Archäologen „nicht immer tiefer in unsere eigene Geschichte vordringen, sondern Kommentare über sie anhäufen, die sich ändernde Positionen, Blickwinkel und Haltungen widerspiegeln. Die Suche nach der Vergangenheit ist die Suche nach uns selbst in sich rasch wechselnden Gegenwarten. Daher ist eine archäologische Sammlung nie komplett. Die Forschung geht immer weiter. Es ist somit der Forschungsprozess und nicht ein Forschungsergebnis das für uns bedeutsam wäre.“
Der Prozess also, ist der Weg der Forschung. In ihm werden alle wissenschaftlichen und künstlerischen „Bewegungen“ wieder und wieder auf die Ermöglichung von Neuem hinterfragt. Abhängig vom Zustand „gleichgeschalteter“ Kontaktstellen zum Gewesenen, müssen „Beweise“ wieder und wieder hinterfragt, Fragen neu formuliert und Perspektiven erweitert in Position gebracht werden. Ansonsten tritt der „Tod der Referenz“ ein. Ist geschaffenes Wissen nur noch von historischem Wert.
Dabei ist der Künstler, gegenüber dem Wissenschaftler in der komfortablen Situation, nichts beweisen zu müssen. Es steht ihm frei, die Richtung seiner Forschung zu wählen und im Akt kreativer Selbstorganisation eine Spur zu verfolgen und das Ergebnis offen zu präsentieren. Aber auch sein Weg ist eine Gratwanderung zwischen Chaos und Ordnung. Jede Spur kann anders gelesen werden. Jeder Beweis kann lügen. Antworten sind tief im Wissenssystem der Zeit verankert. Sich von diesen zu lösen, einer Spur ins Niemandsland zu folgen ist aufwendig und scheitert nicht selten im Nichts. Ihr aber muss der Künstler folgen. Dabei wird die Spur selbst zum Grat, zum Riss im Grenzgang zwischen Andeutung und erstarrtem Muster. Aber nur hier können wir das undeutliche Auftauchen von Konturen aus der Dämmerung in minimalen Turbolenzen sehen. Nur hier Unschärfen schärfen oder Blindstellen in der Syntax elementarer Zeichen erkennen. Nur hier können wir uns neu positionieren, um als Marker zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem „frische“ Bilder zu etablieren. Denn der Mensch ist ein Medienwesen. Er ist, was sich zeigt, was er zeigt und was er nicht zeigt, nicht zeigen kann.

Der Dokumentararchäologie als Spurensicherer

Seit den 1970er Jahren, ist Spurensuche eine künstlerische Methode aufgelesenes Material abgelegter Dinge aufzubereiten, und gegliedert in Sammlungen musealen zu präsentieren. Das Sammeln toter Spuren zivilisatorischer Relikte oder einfach nur Müll sortieren wurde rituell inszeniert und nach gut besprochenen Initialausstellungen als deutsche Subform von Land Art und Konzeptkunst in den Erörterungskatalog zeitgenössischer Kunst übernommen. Bei sehr naher Betrachtung erzählt die Dokumentararchäologie die gleichen Geschichten wie die Spurensicherer. Der Dokumentararchäologe sucht an gleichen Orten, die gleichen abgelegten Dinge – den Kernbegriff der Spur, will diese lesen. Beide kommen zum Einsatz, wenn bruchstückhaft Hinterlassenes als Bedeutsam gewichtet wird ohne Bezüge und Querungen in einer spezialisierten Wissenschaft. Jedoch sucht, gräbt und dokumentiert der Dokumentararchäologe ohne Pathos und Symbol. Will sagen, der Spurensicherer ritualisiert das Suchen als Abenteuer und Event. Der Kunsttheoretiker Herr Walter Grasskamp schrieb dazu: „Die Zeremonie des Sammelns hat drei dramatische Aspekte: Sie vollzieht sich im Erwerb, im Arrangement sowie im Zeigen der Objekte.“
„Meine Vorgehensweise ist doch so, dass ich mich einer bestimmten Situation aussetze, und dass ich dann ganz spontan, nicht auf vorbedachten Wegen oder durch bestimmte Absichten geleitet (bin). (…) Da bin ich neugierig, die Abenteuerlust spielt mit, so dass ich auf so einem Weg einfach innehalte – und staune, wie man das als Junge getan hat. Solange ich staunen kann, fällt es mir auch nicht schwer, mühsame Wege zu gehen.“ Herr Nikolaus Lang 1980 als Spurträumer.
Der Dokumentararchäologe bleibt, im übertragenen Sinn, zu Haus. Am Ort seiner individuellen Mythologie. Sammelt selten, besucht eher Sammlungen. Fragt und spricht, recherchiert in Archiven. Er sucht mit Absicht. Beiden ist jedoch eigen, dass allein die Relevanz der Spur über Aufwand und Methode der Recherche oder des Sammelns entscheidet. Bestimmend ist die Intensität der Gegenwart einer Vergangenheit. Dazu Herr Grasskamp: “Die Dinge haben ein physikalisches, aber auch ein kulturelles Gewicht, das der Schwerkraft der Geschichte unterliegt. Manche sind so schwer, als würde es sie zurück in den Herkunftskontext ziehen, dessen Spuren sie tragen, ohne dass man diese auch immer entziffern kann; andere sind leichter geworden, als sie ihren Herkunftskontext entkamen“

Oft ist es der Blick zum Rand der Gemeinschaft,
dem Kleinteiligsten, dem Ephemeren.
Leerworte, Nichts Sagendes, Entwertungen.
Ein Spurtraum.
Schnittstellen.
Risse, Narben und Wunden.
Treibgut, Totholz.
Nachlässe, Fragmente.

Aus dem Nachlasses Günter Metken,der geistige Vater einer spurensichernden Kunst und Sigrid Metken, ein kleines Konvolut von Werken in einem vielleicht mit Bedacht für diesen Zweck ausgewählten Picknickkoffer. Der Sammler und sein transportables Projekt-Archiv. Zur Verwertung freigegeben.

Im Kleinen wie im Großen; „10 bis 20 Millionen archäologische Objekte lagern in den Fundarchiven jedes größeren Bundeslandes, hochgerechnet also 200 Millionen bundesrepublikanische Fundstücke, d.h. mehrere Milliarden in ganz Europa – und eine Ende ist nicht abzusehen.“ aus: “archäologische Massendinghaltung“ Autorin, Frau Sabine Rieckhoff.
Wie es mir scheint, ist ein Dialog von wissenschaftlichen Disziplinen und Kunst notwendig, damit eine effizientere Durchdringung einverleibter Artefakte in ihrer theoretischen Substanz und erzählerischen Dichte analysiert werden können. Als Methode des Verstehens, scheint jedenfalls nicht mehr allein die Vermehrung und Aufzählung des Materials sinnvoll zu sein. Ja, ein in-Frage-stellen der Autorität von Verwissenschaftlichung.
Aber noch wehrt sich der Fachmann und meint, dass sei eine nicht sehr amüsante Vorstellung, „wenn Künstler und -innen sehr persönliche Erlebnisse der Überreste-Begehung dokumentieren, und dadurch einen visuellen Kommentar zu Themen wie Altern, Verfall und kollektiver Erinnerung anbieten“. Das jedenfalls meint 2004 der Archäologe Cornelius Holtorf. Am Beispiel der ‘Spurensicherung’ erläutert der Spezialist sein Missfallen weiter, … (leider) „ist die spurenlesende Archäologie nur am Entdecken, Aufdecken, Archivieren, Klassifizieren und Beschreiben materieller Reste interessiert, die dann angeblich für sich sprechen und historische Wahrheiten offenbaren“ Hier wird „stattdessen auf etwas anarchistische Weise die Methode karikiert, mit deren Hilfe scheinbar absolutes Wissen gewonnen wird“ (…) und darauf hinweist, “dass jenseits des absoluten Wissens etwas Wertvolles verschüttet liegt, das einer anderen Art der Aufdeckung bedarf – die Dinge, die uns als Wissenschaftler normalerweise entgehen, obwohl sie mindestens ebenso elementar und wichtig sind“. „Für die Künstler scheint es freilich auf das eigentliche Ziel der Archäologie – dem Verstehen der Vergangenheit anhand ihrer materiellen Überreste – auch gar nicht anzukommen“ resümiert der Archäologe weiter „Vielleicht aber wollen Künstler und –innen die Archäologie nur zitieren, um über ihre eigene Gegenwart und sich selbst zu sprechen.“ H. zitiert im Folgenden den Kunsthistoriker, Ausstellungskurator, Essayist und Reiseschriftsteller Herrn Günter Metken: Letztendlich sind; „Spuren ein Anlass zur eigenen Positionsbestimmung. Die Suche nach dem scheinbar Vorgegebenen wird vor allem eine Suche nach sich selbst, nach einem Standpunkt in der rasch wechselnden Gegenwart“.
Aus der Perspektive des wissenschaftlich arbeitenden Archäologen, höre ich aber keine verurteilende Kritik an der Kunst heraus. Vielmehr sehe ich das gemeinsame von Holtorf und der Kunst in der Prozesshaftigkeit beider `Spurensichernden` Methoden. H. möchte auch den Archäologen in der Pflicht sehen, einen Weg zu gehen und nicht ein Endziel zu verfolgen;
„daß nicht auch die Archäologie aus ständigen Neuschöpfungen besteht, die nur immer ihre eigenen Vorgänger zitieren, und tatsächlich vor allem über ihre eigene Gegenwart und sich selbst sprechen; daß nicht auch die Archäologie ihren Gegenstand nicht immer neu erfindet?“
Da den Archäologen ihre Sammlungen wohl niemals komplettiert sein werden, wie viel auch immer hinzugefügt wird, und er immer tiefer in unsere eigene Geschichte, die Geschichte der Menschheit vordringen will, wird auch er wohl weiter Kommentare über sie anhäufen, eben nur aus veränderten Positionen und Haltungen. Auch er produziert Neues als Geste des Erinnerns. Nur die (End)Form des Reflektierens und Erlebens der Vergangenheit im Lesen materieller Überreste, dem Übersetzen der Vergangenheit in die Gegenwart, ist der Kunst nur Selbstverpflichtung. Der Archäologe muss dagegen gemeinnütziger denken, denn er betreut unser aller Erbe. Verschüttetes wieder- und Dinge überhaupt zum Reden bringen. Mit den Worten von Frau Anne Cauquelin; “Der schöpferische Prozess ist weniger durch die Verwaltung von nach eindeutigen Regeln gespeicherten und geordneten Daten bedingt, als durch ein nicht gewusstes Wissen, eingebettet in die Tiefen einer Erinnerung, die vergessen hat, was sie weiß“.

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Jörg Herold